Mein Job in der Kita

Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht so genau, wo ich beginnen soll. Deshalb beginne ich einfach wirklich ganz von vorne.

Wer hier schon länger mitliest, weiß, dass ich von 2013 bis 2016 Kindheitspädagogik studiert habe, aber erst 2018 im April mit Arbeiten angefangen habe (diverse Praktika im Studium mal nicht mitgezählt) – schließlich wollte ich hochschwanger nicht anfangen mit arbeiten und dann war ich, bis der Kleine 15 Monate alt war, bei ihm Zuhause.

Anfang Januar habe ich diverse Bewerbungen an Gemeinden hier im Umkreis geschickt und drei (positive) Rückmeldungen erhalten. Letztendlich habe ich zwei Mal hospitiert und mich dann für die Kita im Nachbarort entschieden. Die Kita, gegen die ich mich entschied, war mir zu alt, das Team, das Gebäude… außerdem ein sehr hoher Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund und ich dachte, für den Einstieg in den Beruf ist doch eine Kita einfacher, die vor allem Kinder aus dem sozial besser gestellten Milieu besuchen. So weit, so gut.

Die Kita hat im Haupthaus fünf Gruppen für 3- bis 6-jährige Kinder (davon eine Integrationsgruppe bis 15 Uhr, eine Gruppe bis 13 Uhr, eine Gruppe bis 17 Uhr und zwei Regelgruppen bis 15 Uhr) und im Nebengebäude zwei Krippengruppe für 1- bis 3-Jährige, die dort von 7:30 bis 15 Uhr betreut werden können. Das Team besteht (theoretisch) aus 21 pädagogischen Fachkräften und einer Leitung, denn jede Gruppe (auch die im Kindergarten) sollen drei pädagogische Fachkräfte zur Verfügung haben – davon zwei in Vollzeit und eine mit einer Dreiviertelstelle, so wie ich.

Als ich im April anfing, waren alle Gruppenteams vollständig. Dann ging es los: in meiner Gruppe kündigte Ma., um in einer Inobhutnahmegruppe der Jugendhilfe anzufangen; in der Nachmittagsgruppe durfte eine Kollegin aufgrund einer Schwangerschaft nicht mehr am Kind arbeiten, erhielt aber auch ein Beschäftigungsverbot, weshalb kein „Ersatz“ eingestellt werden kann; in einer Regelgruppe kündigten kurz nacheinander die beiden Vollzeitkräfte; in einer Krippengruppe kündigte eine Vollzeitkraft. Also, eine erhebliche Fluktuation, wie ihr merkt, und das geht wohl schon eine ganze Weile so!

In meiner Gruppe waren zu Beginn Ma. und S. Es dauerte ein paar Wochen, bis ich es geschafft habe, in ihre in den letzten drei Monaten eingespielte Partnerarbeit hereinzukommen und mir meinen Platz zu erarbeiten. Besonders gegen S. ist es äußerst schwierig anzukommen, weil sie vom Typ her einfach sehr dominant ist und seit einigen Jahren in der Gruppe so eine Art Fels in der Brandung war. Denn in der Gruppe ist einiges passiert: erst kündigte 2016 eine Kollegin und 2017 war dann ein sehr schlimmes Jahr, weil im Oktober die Teilzeitkraft von einem Tag auf den anderen wegen ihrer Schwangerschaft ins Beschäftigungsverbot musste, ihre Vertretung nach nur einer Woche Anwesenheit krankheitsbedingt dauerhaft ausfiel und erst durch mich im April ersetzt werden konnte, und zudem die andere Vollzeitkraft im November Suizid begangen hat… die Kollegin Ma. war im Januar 2018 aus der Nachmittagsgruppe in „meine“ Gruppe gewechselt, also auch noch nicht so lange da, als ich angefangen habe. Alles sehr schwierig für alle: für S., alle anderen Kolleginnen und natürlich auch die Kinder und die Eltern!

Als es gerade anfing, im Dreierteam richtig gut zu funktionieren, hat uns Ma. eröffnet, dass sie Mitte Juni ihren letzten Tag hat. S. und ich haben dann einen Monat zu zweit gearbeitet, was wirklich gut harmoniert hat. Mitte Juli hat dann Me. aus einer anderen städtischen Kita im Nachbarort zu uns gewechselt, weil sie dort nicht klar kam. Erst konnte ich sie echt nicht ausstehen und auch mit S. und ihr ging es gar nicht gut, weil beide einfach sehr strikte und vor allem sehr unterschiedliche Vorstellungen von pädagogischer Arbeit haben. Zudem war sie total oft krank oder im Urlaub, weil sie bei einer Fernsehsendung teilgenommen hat und zu den Dreharbeiten musste… Im August, kurz vor ihrem Urlaub, eröffnete uns dann S., dass sie gekündigt hatte und in einer anderen Kita in Wohnortnähe anfängt. Ich konnte sie sehr gut verstehen! So viel passiert und immer das Gefühl, man sei für alle verantwortlich (obwohl sie sich das auch viel selbst zuzuschreiben hat, sie scheint das zu brauchen, alle Fäden in der Hand zu halten) – da war ein Neustart genau das Richtige. Der Elternabend, den Me. und ich alleine machten, gab uns aber eine klare positive Rückmeldung vonseiten der Eltern, das tat gut. Von da an war aber auch Chaos, denn erst war S. zwei Wochen im Urlaub, direkt im Anschluss Me. die ersten drei Wochen im September. Dann haben wir noch eine Woche zu dritt gearbeitet (in der ich gemerkt habe: das wäre nie und nimmer gut gegangen) und dann haben wir S. mit vielen tollen Geschenken und vielen Tränen von allen Beteiligten, also Eltern, Kinder, alle im Team, verabschiedet. Anschließend war ich drei Wochen wegen Urlaub und Krankheit weg, und als ich wiederkam, war es wie ein Schlag ins Gesicht: S. hatte sich nach gerade mal zwei Wochen in der neuen Arbeitsstelle bei unserer Chefin gemeldet, ob sie wieder zurück könnte. Die andere Kita ist wohl gar nicht ihres. Aber trotzdem – nach zwei Wochen?! S. hat sich dann ganz korrekt auf die Stellen in unserer Kita beworben und hatte dann ein Gespräch mit unserer Chefin und der obersten Kita-Chefin aus dem Rathaus. Me. und ich hatten vorher gesagt: in unsere Gruppe zurück, nein, das geht nicht. Wir haben einiges verändert, also Kleinigkeiten, aber trotzdem. Und auch unsere Chefin war dieser Meinung: zu viel passiert, sie bräuchte einen Neustart. S. wollte gerne wieder zurück in „ihre“ Gruppe.

Nun fängt S. im Dezember in der anderen Regelgruppe bis 15 Uhr an. Ganz ehrlich – ich halte davon absolut nichts. Nicht nur, dass ich es unfassbar finde, nach zwei Wochen beziehungsweise nun nach zwei Monaten offiziell „das Handtuch zu schmeißen“. Nein, auch denke ich, dass die beiden Erzieherinnen aus der Gruppe überhaupt nicht mit S. zurechtkommen werden! Das ist eine explosive Mischung. Hinzu kommt, dass ich nicht weiß, wie die Eltern und die Kinder reagieren werden. „Warum kommt S. denn nicht wieder zurück zu uns? Das wäre doch praktisch, hier kennt sie alle und alles! Mag S. uns nicht mehr, haben wir etwas falsch gemacht?“ Ich befürchte sehr, dass die Rückkehr von S. der Genickbruch von Me. und mir sein wird, was die Beziehungsarbeit angeht, insbesondere den fragilen Beziehungsaufbau zu den älteren Kindern und deren Eltern, die in den drei Jahren dort in der Gruppe schon zwölf pädagogische Fachkräfte kommen und gehen gesehen haben. Ich rege mich wahnsinnig über diese Entscheidung auf. Klar, S. ist eine beeindruckende und gute pädagogische Fachkraft. Ja, sie wissen, dass sie sich darauf verlassen können, dass sie gute Arbeit leisten wird, und ja, es sind drei Stellen zu besetzen.

Aber ich glaube, diese Entscheidung wird viel Unschönes nach sich ziehen. Und so entschlossen ich auch bin, meinen Vertrag, der ja bis Ende September 2019 läuft, wenn meine Vorgängerin aus der Elternzeit zurückkommt, durchzuziehen: wenn es weiter so läuft, weiter dauernd Dinge passieren, die echt ätzend sind (zum Beispiel die dauernde Missgunst der Kolleginnen untereinander, Absprachen, die man über tausend Ecken erfährt, ständiger Personalmangel, obwohl man mit drei Fachkräften doch theoretisch super gut aufgestellt sein sollte, nicht nachvollziehbare Entscheidungen…) – dann weiß ich nicht, ob ich das auch schaffe, so sehr mir die Kinder und ihre Eltern am Herzen liegen!

Aber da gibt es auch einfach Dinge, die ich nicht verstehe:

  • Warum darf die Kollegin, die auch mit mir im April angefangen hat, im August Urlaub machen, obwohl es doch angeblich eine sechsmonatige Urlaubssperre gibt?
  • Warum darf die Mittagsgruppe, die immer mit drei Erzieherinnen top besetzt ist, schön Eis essen, einkaufen und in die Bücherei gehen, während sich andere zu zweit abrackern und jede Menge Überstunden machen? (Auch ich habe schon 30, also könnte eine Woche Ü-frei machen…)
  • Und warum darf die eine Kollegin am Montagnachmittag zwei Überstunden abbummeln, „weil sie ja sooo viele hat“, aber mir wird dauernd gepredigt, wie wichtig die Chefin ja die Dienstbesprechung findet?

Es gibt noch jede Menge andere Dinge, die da schief laufen. Als nächstes möchte ich auf jeden Fall in einer schönen kuscheligen Krippe mit maximal zwei Gruppen arbeiten. Dieses Große nervt mich maximal!

Puh, jetzt habe ich mir einmal endlich Luft gemacht! Ich bin gespannt, wer von euch bis ans Ende kommt. 😉

6 Gedanken zu “Mein Job in der Kita

  1. Also ich habe es zu Ende gelesen und das klingt nicht gut. Du solltest diese Fragen unbedingt deiner/m Vorgesetzten stellen. Ich glaube ja fast du wärst in der anderen Kita mit Migrationsanteil vermutlich besser aufgehoben gewesen… wäre es für dich überhaupt ein Thema, Dir einen anderen Job zu suchen?

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    1. Ich glaube mittlerweile auch, dass die andere Kita besser gewesen wäre. Aber hinterher ist man ja immer schlauer, was? 😀 Mmh, momentan eher nein. Mein Problem, was wirklich gleichzeitig Fluch und Segen ist, ist, dass ich mich sehr schnell Kindern und Eltern sehr verpflichtet und verbunden fühle. Ich würde mich extrem schlecht fühlen, wenn ich jetzt (nach allem, was die eh schon mitgemacht haben) sie auch noch „im Stich ließe“ – und genau so würde es sich für mich leider anfühlen.

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      1. Das dachte ich mir schon… ginge mir auch so. Und vlt ist es ja eine Chance und du kannst mehr bewirken jetzt. Auf die andere Seite wollt Ihr ja vlt auch noch irgendwann ein Geschwisterchen für den Kleinen, dann bist du auch wieder eine Weile weg… (hihi, hoffe ich durfte diese Anmerkung machen 😁)

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      2. Ich bin einfach nur wahnsinnig angekotzt, dass sie wiederkommt. Ich persönlich finde, das geht echt gar nicht… Weil ich auch ziemlich sicher bin, dass ihre Erwartungshaltung so ist, dass sich nichts verändert hat, weil sie ja alles super perfekt hinterlassen hat. 😀
        Mein Vertrag läuft ja eh im September aus. Und was das Geschwisterchen angeht: mal sehen. Bis jetzt habe ich immer noch mega Schiss, dass eine nächste Schwangerschaft wieder so schlimm werden kann.

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      3. Oje, hattest Du Hyperemesis?
        Ich schätze mal sie ist in einem Alter da sie nichts mehr Neues will… und wusste dass sie mit offenen Armen wieder aufgenommen wird von der Chefin…

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      4. Ja, genau. Seit der 5. SSW Übelkeit, von der 8. bis 14. Woche mehrfach täglich Erbrechen und es blieb wirklich nichts drin, sodass ich auch eine Woche im Krankenhaus lag. Dann wurde es stetig besser, aber bis zur 19. SSW habe ich mich mindestens ein mal täglich übergeben. Insgesamt 12 kg Gewichtsverlust und mein Kreislauf war so bis zur 25. SSW nicht zu gebrauchen. Wirklich genießen konnte ich die Schwangerschaft vielleicht ein, höchstens zwei Monate. Und wenn ich mir das mit Kind vorstelle – no way! 😀

        Mmh, meine Ex-Kollegin ist erst Anfang 30. 😀 Aber ja, meine Chefin sagt natürlich, bei den vielen offenen Stellen muss sie jemanden nehmen, bei der sie genau weiß, dass sie ihren Job gut macht…

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